Samstag, 11. Januar 2014

Der Vollpfosten der Woche

Den Vollpfosten der Woche hat sich diesmal die Seite theeuropean.de redlich verdient.

Um diesen Artikel geht es: 


Der doppelte Hitzelsperger


Warum der Medienrummel um einen schwulen Fußballspieler ungerechtfertigt ist.

Ok, der Mann ist schwul, ja und? Wen interessiert’s? Doch höchstens Schwule. Mir als Hetero geht das jedenfalls am Besagten vorbei. Vielleicht morgen, irgendwann oder nie: Sollte ich eine schwule Ader in mir entdecken, dann könnte ich anfangen für Hitzlsperger zu schwärmen. Aber da gibt es ganz sicher noch tausende mehr, die eher auf meiner Agenda stünden als Schwiegermutters Liebling in der schwulen Version. Und zu jung wäre er dann sowieso. Also.

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Kommentar Andy

Zugegeben, im Internet ist manchmal schon Haarsträubendes zu lesen. Aber dieser Artikel ist, wie ich finde, schon etwas Besonderes, denn man sieht ihm die neue Schwulenfeindlichkeit nicht auf den ersten Blick an. Vielmehr versucht man in einer halb witzigen, halb subtilen Art darzulegen, weshalb ein Outing in der heutigen Zeit angeblich gar nicht notwendig ist. 



Gleich bei der ersten Frage könnte man dem Schreiber mit dem Linieal auf die Finger hauen. Wen es interessiert ob Hitzelsperger schwul ist? Meine Güte, selbst wenn es "nur" die Schwulen und Lesben sind, dann wäre das mit einigen Millionen Menschen, schon eine enorme Menschenmenge. Weshalb muß sich eigentlich alles ausschließlich um Heterosexualität drehen? Schwule müssen sich permanent allen möglichen heterosexuellen Unfug anhören, wer mit wem befreundet ist, heiratet, wer mit wem herumvögelt oder auch nicht und wenn nicht, weshalb und warum nicht. Als Boris Beckers "Samen geraubt" wurde, gab es keine einzige Zeitschrift Europas die nicht wochenlang alles haarklein durchgekaut hätte. Aber wenn  ein ehemaliger Fußballstar von sich selbst einfach nur sagt, dass er schwul ist und damit vielleicht vielen zig tausenden schwulen Jugendlichen in ihren Coming Out bestärkt, spielt man den Gelangweilten? Zugegeben, bei Hitzelsperger geht es nur um sowas Langweiliges wie die sexuelle Orientierung und nicht um pikante sexuelle Details aus dem Intimleben des Mannes. Möglicherweise ist der Auto, Herr Wallasch ja auch nur stinksauer, weil sich für seinen heterosexuellen Vegetarismus, keine Sau interessiert? Man kann darüber nur mutmaßen.

Bei der nächsten Frage könnnte man dann dem Schreiber gleich noch eins überbraten. 
Was ein geoutetes Schwulsein bitteschön überhaupt mit Fußball zu tun hat und ob neuerdings schwule Fußballer anders Fußball spielen als heterosexuelle Fußballer? 
Keine Ahung? Aber wenn, dann müssten es doch Heteros wie Herr Wallasch, selbst am Besten wissen. Schließlich wird seit Jahrzehnten doch immer so getan als ob Fußball die grösste, heterosexuellste Macho-Männer Bastion schlechthin ist. Könnte es vielleicht eher so sein, dass es manchen Leuten nicht so recht passt, dass viele Menschen inzwischen beginnen einzusehen, das ihre über viele Jahre sorgfälltig aufgebauten Klischees über Schwule in Wahrheit noch nicht mal den Hauch eines Bezuges zur Realität haben. 

Weiter kann man noch lesen:
Vergessen wir ebenfalls nicht, was der doppelte Hitzelsperger nun für alle schwulen, noch aktiven Spieler für eine große Belastung sein könnte. Immerhin geht es hier um höchst Privates. Wer außer Rockstars und It-Girls ist schon daran interessiert, das seine Sexualität auf den großen Altar ausgebreitet wird? Sexualität, die Liebe zwischen zwei Menschen, Romantik, Gefühle, Zärtlichkeiten – das möchte man gerne teilen. Aber mit einem Partner und nicht auf dem Boulevard.
Was für ein ausgemachter Schwachsinn! Es geht um die sexuelle Orientierung eines Menschen und eben eindeutig NICHT um seine Sexualität. Weshalb ist das so schwer zu begreifen. Wenn auf der gleichen Seite über den Autor Herrn Wallasch steht, dass er ein heterosexueller Vegetarier ist, bringt das doch auch niemand mit Sex in Verbindung. Und auch ein Arbeitgeber, der bei einen Einstellungsgespräch den Bewerber fragt ober verheiratet ist, wird sich sicher nicht die Bohne dafür interessieren, wie oft und lange dieser Mann mit seiner Frau sexuell zugange ist. 

Wieso tut man eigentlich immer so, als ob es eine Art Neutralität bei der sexuellen Orientierung gäbe? Die heutige Gesellschaft ist nunmal grösstenteils heterosexuell ausgelegt. Oft kann man Sätze hören wie, "weshalb müsst ihr Schwulen denn euere Orientierung immer so vor euch hertragen, dass machen wir Hetereos doch schließlich auch nicht?". Heteros müssen das auch nicht, da stets automatisch von der Heterosexualität ausgegangen wird. Den Test kann jeder selbst machen. Erzählen sie mal einen Kollegen, Bekannten bsw. von ihrer Verlobung oder das sie in einer festen Beziehung leben. Ich wette tausend zu eins das niemand zurückfragen wird, ob es sich um eine Freundinn oder eher einen Freund handelt.
Denn zunächst einmal ist doch so ein Outing in Deutschland eine Herausforderung an den Schwulen selbst und viel weniger an seine Umgebung. Ja, da ist einer schwul, na und? Wen interessiert das, außer vielleicht andere Schwule, denen der hübsche Blonde ins Beuteschema passt? Wir, also die weitestgehend heterosexuelle Öffentlichkeit, sollen nun auf einmal mitverantwortlich dafür sein, dass einer so lange brauchte, sich als schwul zu outen? Ach herrje.
So etwas allen Ernstes zu schreiben ist ja schon wirklich dreist. 2000 Jahre christliche Schwulenverfolgung, 2000 Jahre in denen man Schwule  getötet oder eingesperrt und ihnen jegliche Menschenrechte vorenthalten hat, 2000 Jahre Diskrimierung, Ausgerenzung, Mobbing, Verunglimpfung. Allein in den ersten zwei Jahrzehnten der Bundesrepublik wurden mehr Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung infhaftiert als in der ganzen Nazizeit. Der Paragraf 175 wurde gar erst 1994 geändert. Schwule Opfer diesen Verfolgungswahnes warten bis auf den heutigen Tag auf ihre Rehabilitierung. Nicht zu vergessen die christlichen Religionen von denen die meisten Tag für Tag nichts unversucht lassen um gegen Homosexuelle zu hetzen und ihnen jegliche Rechte abzusprechen. Und da tun Schreiberlinge wie Wallasch doch tatsächlich so, als hätte das nie eine Rolle gespielt. Mal gegen den Kopf von Herrn Wallasch klopf - "hallo, ist hier überhaupt jemand zu Hause". Wie borniert, geschichtsvergessen und realitätsfern muß man eigentlich sein, um sich so einen verkorsten Mist auszudenken.

Damit sind wir aber leider immer noch nicht am Ende. Weiter heißt es:
Ausgerechnet die „TAZ“ ist sich dann nicht zu blöde zu behaupten: „Dass die Kinder schwul werden könnten, gehört nach wie vor zu den größten Ängsten von Eltern“ und begründet es damit, dass diese Eltern „um ihre dynastischen Hoffnungen bangen: Er soll doch mal Enkelkinder bringen, der Kleine.“ Kann es 2014 zu diesem Thema noch einen größeren Blödsinn geben? Das ist die heterosexuelle Welt von Nierentisch, Schweinebraten und Heidi und Peter. Eine Welt, die nie daran denken wollte, dass dieser Geißenpeter vielleicht schon dieses – grins – „böse schwule Gen“ in sich tragen könnte. Warum sollte sie auch?
Ja, so kann man Tatsachen und Gegenargumente miteinander vertauschen. Meine Güte, in Russland hat man sogar ein Gesetz verabschiedet und die Menschen mit genau den Argument, dass Schwulsein vielleicht irgendwie ansteckend oder doch wenigstens erlernbar sei. Und in Baden Württenberg möchte man auf Teufel komm raus verhindern das die Aufklärung über die verschiedenen sexuellen Orientierungen im schulischen Alltag verankert wird. Aber Leute wie Wallasch wissen es natürlich wieder besser. Vor allen in Bezug Russland kann man bei ihm lesen:
 Bliebe da noch Sotschi und der Schwulenhass in Russland als Begründung für Hitzelspergers nachgereichtes Outing. Auch das ist letztlich Quatsch. Haben wir nicht eine Bundesregierung, die geradezu aufgefordert sein müsste, hier in unserem Auftrag klare Kante zu zeigen? Haben wir ein Olympisches Komitee, das klare Kante zeigen muss?
 Ahhhh... wie genial. Warum ist da noch kein anderer draufgekommen. Wir haben ja unsere Bundesmutti die sich um alles kümmert. Mensch, da brauchen wir ja gar nichts mehr tun und können uns bequem im Sessel zurücklehnen. Wenn sie es dann doch nicht tut, sind wir fein raus oder? Menschenrechte sind ja schließlich nicht unser Problem, oder? Für solche Dinge gibts ja schließlich Fachleute. Immerhin hat unsere Bundesmutti mit einen Argument völlig Recht (oh mein Gott, hab ich das jetzt eben gesagt). Toleranz und Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft kann nicht nur von oben, von der Politk verordnet werden. Das ist ein langer Erkenntnisprozess zu dem auch ein Outing eines ehemaligen Fußballers gehört. Wem das nicht interessiert der sollte sich dringend einfach mit etwas anderen beschäftigen und seinen Mund halten.









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