Montag, 10. März 2014

Straftat Liebe - Zur Geschichte des Pragraphen 175, der erst 1994 fiel

In der Antike war Homosexualität nicht verpönt, sondern weit verbreitet. Erst mit dem raschen Siegeszug des Christentums und seiner rigiden Sexualmoral änderte sich das. Rund tausend Jahre nach dem Aufstieg des christlichen Glaubens zur Staatsreligion anno 313 - als welche sich das Christentum als höchst unduldsam erwies - schrieb der Kölner Stadtschreiber Edmund Frunt, einem Pastor der Kirche St. Apostels sei von einem Beichtkind berichtet worden, dass »manspersonen mit manspersonen« - ja, was? Der Chronist fügte an dieser Stelle kein Tätigkeitswort ein, sondern ein schamhaftes »etc.«, das »got erbarmen moiste« - jedenfalls habe es sich um eine »swaire unsprechliche stumme sünde« gehandelt. So anno 1484.


Erst die Renaissance und - vor allem - das Zeitalter der Aufklärung lockerten die Sitten ein wenig; jetzt wurden auch Schwulenwitze populär. Der berühmte Abenteurer Giacomo Casanova (1725-1798) berichtet in seinen Erinnerungen, wie er mit einem solchen »Scherz«, der auf den preußischen König Friedrich II. (1712-1786) zielte, einen römischen Kardinal über die Maßen erheitert habe. In den deutschen Kleinstaaten des 18. Jahrhunderts war Homosexualität zwar verpönt, aber kein rechtlicher Straftatbestand. Dies änderte sich erst mit der Schaffung der »kleindeutschen Reichnation«, die Reichskanzler Otto von Bismarck in Versailles proklamiert hatte. Am 15. Mai 1871 trat für dieses Reich, an dessen Spitze die Kaiser des Hauses Hohenzollern standen, das neue »Reichsstrafgesetzbuch« in Kraft, das in Paragraph 175 festlegte: »Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechtes begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen …« Dabei sollte es 123 Jahre bleiben.

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