In der Antike war Homosexualität nicht verpönt, sondern weit
verbreitet. Erst mit dem raschen Siegeszug des Christentums und seiner
rigiden Sexualmoral änderte sich das. Rund tausend Jahre nach dem
Aufstieg des christlichen Glaubens zur Staatsreligion anno 313 - als
welche sich das Christentum als höchst unduldsam erwies - schrieb der
Kölner Stadtschreiber Edmund Frunt, einem Pastor der Kirche St. Apostels
sei von einem Beichtkind berichtet worden, dass »manspersonen mit
manspersonen« - ja, was? Der Chronist fügte an dieser Stelle kein
Tätigkeitswort ein, sondern ein schamhaftes »etc.«, das »got erbarmen
moiste« - jedenfalls habe es sich um eine »swaire unsprechliche stumme
sünde« gehandelt. So anno 1484.
Erst die Renaissance und - vor allem - das Zeitalter der Aufklärung
lockerten die Sitten ein wenig; jetzt wurden auch Schwulenwitze populär.
Der berühmte Abenteurer Giacomo Casanova (1725-1798) berichtet in
seinen Erinnerungen, wie er mit einem solchen »Scherz«, der auf den
preußischen König Friedrich II. (1712-1786) zielte, einen römischen
Kardinal über die Maßen erheitert habe. In den deutschen Kleinstaaten
des 18. Jahrhunderts war Homosexualität zwar verpönt, aber kein
rechtlicher Straftatbestand. Dies änderte sich erst mit der Schaffung
der »kleindeutschen Reichnation«, die Reichskanzler Otto von Bismarck in
Versailles proklamiert hatte. Am 15. Mai 1871 trat für dieses Reich, an
dessen Spitze die Kaiser des Hauses Hohenzollern standen, das neue
»Reichsstrafgesetzbuch« in Kraft, das in Paragraph 175 festlegte: »Die
widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen
Geschlechtes begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen …« Dabei
sollte es 123 Jahre bleiben.
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