Alice Schwarzer - Outing: Argumentieren statt Denunzieren!

Outing: Argumentieren statt Denunzieren!

Es beginnt mit dem Wegsehen, dem Ausblenden von Realität. Der gesellschaftlichen Realität wie der persönlichen eines Menschen. Für viele Menschen war Homosexualität lange etwas Schmutziges, Perverses, Auszumerzendes – und für so manche ist es das noch immer. Die relative Toleranz in Deutschland gegenüber Homosexuellen wurde in den vergangenen 40 Jahren von der Frauenbewegung und Homosexuellenbewegung erkämpft, sie ist also neu. Das gipfelte 2001 in der Einführung einer eheähnlichen „Partnerschaft“ für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Und die persönliche Realität eines Menschen? Er oder sie lebt in Berlin-Mitte, wo es echt total cool ist, schwul oder lesbisch zu sein – oder auch in Passau oder in der Provinz, wo das schon ganz anders kommt. Jemand, der aufruft zum Zwangsouten, ignoriert nicht nur diese Realitäten, sondern pfeift auch auf die Menschlichkeit. Dem hat sich die taz-Chefredakteurin Ines Pohl jetzt entgegengestellt. Sie hat sich für das Outing eines CDU-Politikers in der taz entschuldigt.

Worum geht es? Seit Peter Altmaier, 1958 als Sohn eines Bergmanns und einer Krankenschwester in einem Dorf im Saarland geboren, konservativ und katholisch, den Sprung zum Umweltminister gemacht hat, ist er Gegenstand anzüglicher Artikel und Interviews. In einem Interview mit Bild am Sonntag antwortete der CDU-Minister dennoch auf die Frage, warum man „in den Archiven nichts von einer Partnerin“ finde, eigentlich ziemlich eindeutig.

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Kommentar Andy

Leider begeht Frau Schwarzer einige sehr entscheidende Denkfehler. Erster Punkt, wenn man argumentiert, dass Homosexualität etwas Normales und Natürliches ist, weshalb sollte dann ein Outing ein Problem darstellen? Denn im Grunde genommen ist die sexuelle Orientierung doch etwas völlig Banales. Und wenn es Probleme gibt, was spricht dagegen die Kritik nicht den Verursachern von Intoleranz und Homophobie zukommen zu lassen anstatt permanent diejenigen anzugreifen, die seit Jahren um Gleichberechtigung kämpfen.  



Und ein zweiter Punkt, es ist schon ein Unterschied ob ein schwuler Mann bsw. als Büroangstellter in irgendeinen x-beliebigen Unternehmen tätig ist, oder ausgerechnet in einer Partei wie der CDU als Politiker Karriere macht. Einer Partei die seit Jahrzehnten nicht das Mindeste für Homosexuelle übrig hat und die immer nur versuchte den Kampf um die rechtliche Gleichstellung zu verhindern oder doch wenigstens zu erschweren. Und da soll ich Verständnis haben, wenn ein schwuler Politiker sich ausgerechnet in einen derartig homophoben "Verein" profiliert? 

Aber das ist halt die Logik von Frau Schwarzer. Sie hatte zwar noch nie ein Problem damit Leute wie dem Wetter-Moderator Kachelmann öffentlich in der Presse vorzuverurteilen und beim Breittreten seines Privatlebens mitzuhelfen. Ja so etwas empfindet Frau Schwarzer geradezu als ihre Bürgerpflicht. Aber wenn es um rechtliche Gleichstellung geht, dann entdeckt sie ganz plötzlich das Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Ich sage es ganz ehrlich, ich mag Rosa von Praunheim nicht besonders. Aber der Mann hat mit seinen Outing-Aktionen sehr viel mehr für die Schwulen und Lesben Deutschlands getan als pseudotolerante Dummschwätzer wie Frau Schwarzer.