Donnerstag, 13. November 2014

Verfolgung nach Schwulenparagraf 175 - Straftatbestand: Liebe

Kann ein Urteil, das vor 50 Jahren gesetzeskonform war, heute falsch sein? Deutschland machte Heinz W. zum Straftäter, weil er schwul ist. Mit ihm fordern Zehntausende Homosexuelle, dass die Urteile aufgehoben werden. Doch die Politik lässt sich Zeit - Zeit, die den Betroffenen fehlt.
Von Tobias Dorfer
 
Ohne die Hunde wäre Heinz W. vielleicht nie ins Gefängnis gekommen. Zwei Mal täglich müssen die beiden Bernhardiner raus. Es sind die frühen Sechzigerjahre. Heinz W., damals 18, mag die Hunde, aber noch mehr mag er die Männer, die am Gartentor auf ihn warten. Sie laufen nebeneinander, Heinz und der Mann, die Tiere in Sichtweite, hinein in den Wald, immer tiefer. An die Stellen, die das Sonnenlicht nur mit Mühe erreicht. Dorthin, wo keine Spaziergänger stören.
Sie hat es mitbekommen. So wie sie vieles mitbekommen hat. Die Hundespaziergänge. Den Besuch des Innendekorateurs, der schon Mitte 20 ist, den Heinz W. auch so gerne mag und mit dem er zu Hause im Wohnzimmer den Biedermeierstuhl bezogen hat. Irgendwann im Winter 1961 setzt sie einen Brief an das Jugendamt auf. Sie käme nicht mehr zurecht mit ihrem Sohn, schreibt Franziska W. Seine Lehrstelle sei in Gefahr.

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